»Das Schulschiff Bargteheide -
vom schnittigen Schnellboot zum dümpelnden Dampfer zum ...«

Ein sehr persönliches Grußwort zum 25-jährigen Schuljubiläum
von Wolf Rüdiger Salbrecht

(aus der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des KGB)


«Der Teamgeist an dieser Schule, das ausgeprägte Wir-Gefühl sind wohl das kennzeich-
nendste Merkmal der Gründungs-
phase»







«Gab es ernsthafte Probleme, versam-
melte man sich in der Kuhle»

Ein offizieller Beitrag des zuständigen Schulaufsichtsbeamten für die Festschrift anlässlich des 25-jährigen Bestehens einer von ihm betreuten Schule muss entsprechend seriös sein, vielleicht sogar ministeriell klingen. Wenn es so sein muss, kann ich als gelernter Historiker die Geschichte der Schule halbwissenschaftlich aufarbeiten, kann ich als ehemaliger Lehrer des KGB über die erfolgreiche Arbeit dieses Instituts berichten, kann ich schließlich bildungspolititsche Grundsatzerklärungen beisteuern. Aber muss mein Beitrag so aussehen?

Wenn man 16 Jahre selbst an dieser Schule gearbeitet hat, muss es doch wohl auch erlaubt sein, ein persönlich gehaltenes Grußwort zu formulieren. Als gewünschten Nebeneffekt gewinnt man so zudem die Möglichkeit, kritische Anmerkungen einfließen zu lassen, die in diesem Fall aber (hoffentlich) nicht verletzend wirken können, denn der eigene Beitrag zu Entwicklung der Schule kann ja nicht geleugnet werden.
Nun denn, lassen wir es also vom Stapel, das Schulschiff namens KGB.

    K = Kinder, Kuhle, Kochmütter - Konzepte;
    G = Glück, Gelungenes, Gescheitertes - Gemeinsamkeit;
    B = Berufung, Bastion, Bequemlichkeit - Begeisterung!

Diese Liste von Assoziationen zeigt m.E. recht gut, was dieses Bargteheider Gymnasium lange Zeit von anderen Schulen unterschieden hat, aber eben auch die Gefahren und Probleme, die sich vor allem in den letzten Jahren verstärkt gezeigt haben.

Der Teamgeist an dieser Schule, das ausgeprägte Wir-Gefühl sind wohl das kennzeichnendste Merkmal der Gründungsphase des KGB. Hier wurde ein Haus des Lernens von begeisterten Pädagoginnen und Pädagogen aufgebaut, die mit ihrem Elan, vor allem aber mit ihrem Konzept von Schule Schüler- und Elternschaft ebenso begeistern wie einbinden konnten. Gab es ernsthafte Probleme, versammelte man sich in der Kuhle und versuchte, im Gespräch eine Lösung zu finden. Übernahm man eine neue Klasse oder kam ein Kind neu in eine Klasse, war es selbstverständlich, dass Klassenlehrerin oder -lehrer - häufig zusammen mit dem Schulleiter - das persönliche Gespräch im Elternhaus suchten. Die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen.

In dieser Zeit entstand auch das Bild vom Schulschiff Bargteheide und das zugehörige Lied, das bei vielen Gelegenheiten voller Überzeugung intoniert wurde; ein - auch rückblickend betrachtet - ausgesprochen gelungenes Bild. Der Kapitän, dessen entscheidende Rolle hier zumindest kurz erwähnt werden muss, und seine Offiziere brachten gemeinsam mit der Mannschaft das Schiff zu Wasser und auf Kurs. Dieser konnte nur gehalten werden, wenn alle Hand in Hand arbeiteten und man sich aufeinander verlassen konnte. Um das zu gewährleisten, wurde durchaus auch schon einmal interessierten Matrosen das Anheuern verwehrt, weil sie nach ersten Eindrücken nicht in diese Mannschaft, zu diesem Schiff passten.
"The times they are a-changing!"

Dieses Schnellboot, dessen Kurs und Tempo Außenstehende manchmal mit Staunen oder auch deutlicher Kritik betrachteten, lag allerdings jederzeit bereit, um neue Passagiere aufzunehmen. Irgendwann waren es insgesamt rund 1400. Aus dem Schnellboot wurde ein riesiger Dampfer, bei dem es kaum noch um den richtigen Kurs gehen konnte, vorrangig war, dass angesichts dieses Massenbetriebes der Untergang vermieden werden konnte. Der Stapellauf des Schwesterschiffes brachte zwar zunächst die gewünschte zahlenmäßige Entlastung, gleichzeitig aber auch neue Probleme, da man sich wiederholt auf Kollisionskurs befand.

Diese Phase ungebremsten Wachstums war nur mit Routine zu bewältigen, was zwangsläufig gleichbedeutend mit der Aufgabe eines Großteils der KGB-spezifischen Farbtupfer war. Nach der zahlenmäßigen Entlastung kamen die Farben nicht in alter Frische zurück, die Routine aber blieb. Ein äußerlich gut funktionierends System hatte die verschworene Gemeinschaft abgelöst.

Parallel dazu verlief in viele Fällen ein altersbedingter (?) Wandel. Musste in den Anfangsjahren die Partnerin, der Partner oder die Familie im Zweifelsfall zurückstehen, wenn der Anstrich des Schulschiffes zu erneuern war oder neue Farben ausprobiert werden sollten, so gewann der private Bereich für die Mannschaft zunehmend an Bedeutung. Ein ausgedehnter Landgang ist auch zweifellos erforderlich und ohne Probleme für den Kurs des Schiffes zu bewältigen, wenn eine faire Aufgabenteilung erfolgt. Die dringend erforderlichen neuen, jungen Matrosen, die frische Kraft und neue Ideen hätten mitbringen können, stellte der Reeder aber nicht ein. Dafür kamen ihm aber durchaus immer mal wieder Aufgaben in den Sinn, die von der alten Crew ohne weiteres auch noch bewältigt werden sollten.

Nein, Dienst nach Vorschrift hat wohl niemand gemacht, aber die ursprüngliche Begeisterung ging verloren, zumal die geringer gewordene Energie auch noch für schiffsinterne Querelen ver(sch)wendet wurde. Manchmal wäre der Blick auf die anderen Schiffe der Reederei oder gar auf die z.T. wesentlich dramatischere Situation der Landratten hilfreich, doch dieser Horizont bleibt eben auch einer Schiffsbesatzung manchmal verschlossen.

Mittlerweile liegt die schwerste See zum Glück doch wohl hinter dem Schulschiff Bargteheide, die Mannschaft schart sich um die neue Schiffsführung, der abgesteckte Kurs erscheint wieder attraktiv.
Ich wünsche allen Beteiligten, dass sie mit Spaß an der Arbeit nach den ersten überwiegend überzeugenden 25 Jahren weitere Erfolgsmeldungen in das Logbuch des KGB eintragen können. Die Zeiten des Mast- und Schotbruchs sind vorbei, nehmt wieder Fahrt auf!
Dafür wünsche ich allen immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.


«Aus dem Schnell-
boot wurde ein riesiger Dampfer»







«Nach der zahlen-
mäßigen Ent-
lastung kamen die Farben nicht in alter Frische zurück»







«Dienst nach Vorschrift hat wohl niemand gemacht, aber die ursprüng-
liche Begei-
sterung ging verloren»





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