«Kollegiumssport - ganz persönlich erlebt»
von Peter Quitzau
(aus der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des KGB)



Als ich 1983 ans KGB kam, herrschte noch ein munteres sportliches Treiben im Kollegium. Mittwochs von 18 bis 20 Uhr war die Halle gut gefüllt. Auf mehreren Feldern tummelten sich Volleyball- und Basketballspielerinnen und -spieler aller Altersklassen. Auf meine Frage nach Fußball reagierten allerdings nur Michael Weißenberger und Wolf Rüdiger Salbrecht freudig erregt, die anderen winkten gequält ab, Fußball sei zu verletzungsintensiv - Meniskusschäden, Bänderrisse, und Verlust mehrerer Schneidezähne bei vorbildlicher Abwehr eines Eckballs am kurzen Pfosten, das reiche nun wirklich, außerdem habe man Superstar Michael Lorkowski an St. Pauli verloren. Immerhin erfuhr ich, dass es einige Oberstufenschüler und Ehemalige gab, die sich noch am Hallenfußball erfreuten.

So konnte ich zwei Stunden pro Woche in sportlicher Vielfalt schwelgen. Meine geringsten Erfolge habe ich eindeutig beim Basketball erzielt. Das Tor ist furchtbar klein, furchtbar hoch und auch noch furchtbar rund, - das war für mein von Fußball und Hallenhandball geprägtes Spielverständnis nie zu verkraften.Und wenn ich dann noch mehrmals am Abend bei der Abwehr von einem Angreifer über den Haufen gerannt (Larry, Du Rüpel!) und jeweils wegen Defensivfouls streng ermahnt wurde, erhielt meine Spielfreude doch einen argen Dämpfer. Lediglich die No-look-Pässe alter Göttinger Schule, durch die man urplötzlich unter dem Korb freigespielt wurde, bauten mich immer wieder auf.

Da war ich beim Fußball schon mehr in meinem Element. Mit W.R. Salbrecht im Tor, der mit Andreas-Thiel-Reflexen und Toni-Turek-Ruhe so manchen Stürmer zur Verzweiflung trieb, und einigen Schülern, die als betagte Spieler heute noch Bargteheides 3. Herren zieren, ließ sich doch ein beachtliches Spielniveau erreichen. Dabei wurde nach alter brasilianischer Tradition, also völlig körperlos, gespielt. Und wenn wir dann nach einer Stunde Spiel vier gegen vier mit verwirrenden Kombinationen, technischen Kabinettstückchen und genialen Toren schweißüberströmt und nach Luft japsend aus der Halle gingen und alle Szenen noch einmal rekapitulierten ("Warum hab ich da bloß aus so spitzem Winkel geschossen und nicht noch einmal in die Mitte gespielt?"), dann wehte ein Hauch der großen, weiten Fußballwelt durch die Kabine.

Die über Jahre hinweg beständigste Sportart bei uns ist zweifellos Volleyball. Auch hier gab es unvergessliche Abende, wo auch schon mal ein Satz nach 0:14 Rückstand noch mit 16:14 gewonnen wurde. Auch hier gab es immer wieder Verletzungen, die den Kader nachhaltig dezimierten. Vor allem gab es mehr oder weniger leidenschaftliche Spieler, so dass der Volleyballabend oft noch am nächsten Tag im Lehrerzimmer aufgearbeitet werden musste.

Es waren schon Typen, die bei uns spielten. Wir hatten z.B. den Phlegmatiker ("Oh, war das mein Ball?"), den Nörgler ("Wie kann es 8:6 für Euch stehen, wenn wir eben noch bei 7:7 waren?"), den Pädagogen ("Pass mal auf: Du musst die Arme bei der Annahme soo halten."), den Aufwendigen (segelte im Tiefflug durch die halbe Halle, traf aber meist nur eigene Mitspieler, selten den Ball), den Euphorischen ("Ich bin ja heute tierisch gut drauf"), den Motivationskünstler (Spielstand 1:13 - "So Leute, jetzt packen wir sie!"), den Nostalgiker ("Vor zehn Jahren hätte ich einen solchen Ball locker versenkt."), den Untröstlichen ("wieso nimmst Du denn den? Ich hab doch gerufen! Der wäre meilenweit ins aus gegangen!").
Um Beleidigungsklagen vorzubeugen und aufwändige Recherchen abzukürzen, wer sich wohl konkret hinter welchem Typ verbirgt, sei versichert: Jeder von uns hat ein bisschen von jedem Typ, und das machte die Mittwochabende immer so unterhaltsam.

Höhepunkt des Jahres waren stets die schleswig-holsteinischen Lehrermeisterschaften. Nach einer Vorrunde, die wir immer souverän überstanden, fand die Endrunde traditionell am Bußtag - meist in Elmshorn - statt. Nachdem ich meine Religionslehrerbedenken wegen des Termins mannschaftsdienlich verdrängt hatte, holte mich der Mannschaftsbus (VW oder Toyota) weit vor dem Aufstehen in Sülfeld ab. Thomas Wilken hielt während der Fahrt die Mannschaftssitzungen ab. Taktische Finessen konnten bis ca. Henstedt-Ulzburg an den beschlagenen Seitenscheiben aufgemalt werden.

In der Halle war es morgens meist noch bitterkalt, so dass wir oft der ersten Satz schon verloren hatten, bevor wir ganz aufgetaut waren. Aber dann legten wir so richtig los und abends gegen 18.45 Uhr durften wir auch schon mal das Spiel um Platz 5 bestreiten. Auf der Rückfahrt wurde der Tag bei Grünkohl mit Kassler oder Matjes in Sahnesauce ausführlich nachbereitet und gegen 23 Uhr waren die Helden wieder zu Hause.

Man stelle sich vor, wieviele Schulen es in Schleswig-Holstein gibt, - und wir waren Fünfter. Dies wurde am nächsten Tag dem andächtig staunenden Kollegium durch eine Eintragung ins Mitteilungsbuch und das demonstrative Auslegen der erworbenen Urkunde gebührend zur Kenntnis gebracht.
Schlechtere Ergebnisse als Platz 6 (kam sowieso kaum vor) wurden konsequent verschwiegen und intern auf unangenehme Gegner und unfähige Schiedsrichter zurückgeführt.

Aber das ist alles längst Geschichte. Wir sind in die Jahre gekommen und haben schon lange nicht mehr an den Meisterschaften teilgenommen. Auch der "normale" Spielbetrieb ist nur möglich, weil wir in den umliegenden Bargteheider Schulen um "Nachwuchs" geworben haben. So sind wir mittwochs jetzt meistens zwischen 5 und 10 ältere Herrschaften; aber wenn bei Ruth Kindergeburtstag ist oder Peter Husten hat, müssen wir schon überlegen, ob wir den Abend nicht besser absagen.

Und so sah im letzten Jahr der typische Volleyballabend aus:
17.56 - Reinhart kommt und ärgert sich schon mal prophylaktisch über alle, die gleich zu spät kommen werden.
17.57 - Norbert kommt und baut schon mal auf.
17.59 - Peter I kommt.
18.00 - Jürgen I kommt.
18.02 - Jürgen II kommt.
18.04 - Ruth kommt.
18.06 - Peter II kommt und entschuldigt sich umständlich mit Rasenmähen oder Getränkeeinkauf bei Magnet (saisonabhängig).
18.07 - Walter kommt, sagt aber gleich, dass er nur bis 18.36 bleiben kann (Bischofswahl in Bargfeld).
18.12 - Alle sind in der Halle und Klönen. Man hat sich schließlich nachmittags zuletzt gesehen.Einige machen sogar ein Aufwärmprogramm.
18.23 - Einer spricht den entscheidenden Satz: "Och, denn lasst uns mal!"
Nach jedem Satz ist Trinkpause. Nein, nicht, was Sie wieder denken - natürlich Mineralwasser. Ruth hat uns beigebracht, dass ältere Menschen viiiel trinken müssen.
19.10 - Die ersten verabschieden sich wieder (Elternabend, Schulverein, Korrigieren).

Aber bisher waren immer noch genügend da zum Abbauen, und so sind wir zuversichtlich, dass auch im Jahr 2000 noch Volleyball am KGB gespielt wird und wir irgendwann das GEW-Plakat "Unser Jüngster wird 50" mit Leben erfüllen.


Hierzu auch die Fotomontage "Volleyball"von Jochen Krüger beachten.





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